Stuckmarmor

 Werkzeuge, Materialien und Hilfsmittel

 

Pigmente müssen lichtbeständig und kalkecht sein.

Der Arbeitstisch sollte ausreichend Platz für die Stuckmarmormischungen bieten.

Antrags- und Bearbeitungswerkzeuge sind Schwalbenschwanzkelle, Spitzkelle, Rakler, Surformhobel, Raspeln und Schneidemesser.

Hilfswerkzeuge für die Spachtelarbeiten sind Flächenspachtel, Japanspachtel (Plaste und Metall), Drathbürste und Schöpfkellen.

Langkellen, auch Marmorierkellen genannt, eignen sich ideal zum Mischen des Gipsteiges.

Angeschliffene Katzenzungenkellen dienen zum Wegschneiden von überflüssigem/überschüssigem Stuckmarmormaterial.

Der Rakler/Raggler oder auch Berteletkelle genannt, wird zum Schneiden und Schälen des Stuckmarmors verwendet.

Minimalset für Stuckmarmorantragsarbeiten: Antragsschlingen, Schlingenkratzer, Gipseisen, Sgraffitoschlingen und Schnitzmesser sind Werkzeuge zum Formen und Bearbeiten des Stuckmarmors (reichhaltige Auswahl bei “Deffner & Johann” und “Kremer Pigmente”).

Unterschiedliche Sieblinien, Bürsten, Kleinstmessbecher, Gipsschaufeln, Stuckpinsel, Filterpinsel, Schleifschwämme zählen zu den sogenannten Hilfswerkzeugen.

Diverse Messbecher unterschiedlicher Größe finden Verwendung für die entsprechenden Mengendosierungen von Wasser, Knochenleim und Gips.

Schüsseln unterschiedlicher Größe für Kleinstmischungen der Spachtelmassen und diverse Töpfe für die Wasserbaderhitzung ( “ heißes Stucken”).

Knochenleim in Perlenform ( zum Anmachen/Anmischen des Stuckmarmors); Bienenwachs, Carnaubawachs, Mohn- und Terpentinöl (für die Hochglanzpolierung und eventuelle Endeinwachsung der durchgetrockneten Stuckmarmorfläche).

Knochenleimkonzentrat (1 kg Knochenleim : 10 l Wasser), dem etwas Sumpfkalk zur Fäulnisverhütung zugegeben wird, dient in nochmals abgeschwächter Konzentration mit Wasser zum Anmachen/Anmischen des Alabastergipses.

Leimkochtöpfe mit Thermometer ( hier ehemalige Einkochtöpfe) für die Aufbereitung des Knochenleimes (1 kg Knochenleim auf 10 l Wasser langsam im Wasserbad/Leimkochtopf bis auf 60 °C erhitzen). Natürlich sind auch neuzeitliche, doppelwandige Leimkochtöpfe verschiedener Größen bei den Firmen “Deffner & Johann” und “Kremer Pigmente” erhältlich.

Nassschleifpapiere mit verschiedenen Körnungen für diverse Schleifarbeiten (es wird immer nass in nass geschliffen, mindestens 8 Schleifgänge sind nötig, je nach gefordertem Glanzgrad).

Diamantschleifer//Diamantfeilen (langlebig und nahezu verschleißfrei) für die Nassschleifarbeiten der Stuckmarmorfläche (erhältlich bei Firma “Boesner”).

Der Polierstein Hämatit/Roteisenerz (umgangssprachlich Blutstein) wird für den letzten Poliergang der Stuckmarmorfläche eingesetzt.

Althergebrachte, formgerechte Natursteine zum Nassschleifen und vor allem Endpolieren von Stuckmarmorprofilierungen (hier u.a. belgischer Brocken und Hämatit/Roteisenerz).

 

Präzisionswaage zum Abwiegen der Mengenanteile der Gips-Pigment-Mischung.

Leicht angeschliffenes Messingblech zum Abschneiden der Stuckmarmorscheiben vom Gesamtteig (zum Schneiden auch überlanges Messer oder Tonabschneider möglich).

Trapezkartätschen zur Überprüfung der Flächigkeit/Ebenheit.

Alabastergips und unterschiedliche Anmachkonzentrate (Knochenleim : Wasser) für die Stuckmarmormischung.

“Marmor – Vorkommen, Bestimmung, Verarbeitung” (Inspirations- und Vorlagenbuch)                                           von Jacques Dubarry de Lassale.

Der Arbeitstisch (hier nochmals zu sehen, mit aufgelegter Siebdruckplatte) sollte ca. 3 m² Gesamtfläche haben, um effektiv darauf arbeiten zu können. 

Grundlegende Arbeitsschritte und Möglichkeiten der        Herangehensweise zur Herstellung verschiedener                                Stuckmarmorstrukturen

Entsprechend große Plasteschüsseln für die Stuckmarmormischung.

Den Alabastergips in den mit Wasser verdünnten Knochenleim einsumpfen und durchmischen.

Das Flüssigmischverfahren aus der Schüssel.

Das Flüssigmischverfahren mit zwei Marmorierkellen (eine Variante der verschiedenen Mischverfahren zur Herstellung von Stuckmarmor).

Zweite mögliche Einsumpf- bzw.Einmisch-Variante: Alabastergips mit Mulde und eingegossenem Leimwasser (von außen nach innen den Gips einsumpfen und anschließend durchmischen).

Mischen mit den Marmorierkellen, die kleinere Kelle dient zum Abstreifen der Stuckmasse/Gipsmasse von der größeren Kelle während des Mischvorgangs.

Die Pigmenzugabe – hier nach Erfahrungswerten.

Dem angemischten Flüssigteig muss noch durch das Aufstreuen von Gipsmehl Flüssigkeit entzogen werden, um ihn in eine festere Konsistenz zu bringen und bevor es mit dem Flüssigmischverfahren weitergeht, nun noch einige Bilder zur Mischung mit festerem Material.

Eine weitere Variante, gleich von Anfang an mit festerem Material zu arbeiten, ist das Einkneten von Trockengips durch Einkneten in den relativ flüssigen Gipsteig, wodurch man die für die Weiterverarbeitung nötige Konsistenz erreicht.

Von den verschiedenen durchgekneteten Gipsteigen kleine, mittlere und große Kugeln/Würfel formen, in bunter Unordnung verteilen, und in pigmentierten Gipsstaub wälzen.

Durch das Einpudern bzw. Einstäuben der verschiedenfarbigen und unterschiedlich großen Kugeln oder Würfeln, bekommen diese eine Art Ummantelung.

Der bunte Würfelhaufen wird nun behutsam zusammengeschoben.

In den zusammengeschobenen Konglomerathaufen kann nun nach Bedarf Adermasse hineingespritzt werden (je nach gewünschtem Erscheinungsbild der anzufertigenden Fläche/Endoptik).

Nach der eben beschriebenen Vorgehensweise zeigt sich nun die schwarze Ummantelung der einzelnen Bollen.

Wir sind wieder bei der Flüssigmischung.

Der angemischte Gesamtteig wurde nach dem Aufstreuen von Gipsmehl in einen festeren Zustand gebracht, um nun einzelne Scheiben davon abschneiden zu können.

Scheiben_schneiden

Das zusammengelegte Marmorbrot.

Das Abschneiden der Stuckmarmorscheiben (mit dem leicht angeschärften Messingblech) von der Gesamtmasse, je nach Verwendungszweck in 1 bis 2 cm starke Scheiben.

Die abgeschnittenen Stuckmarmorscheiben liegen bereit zum Antragen.

Das Aneinanderlegen der Stuckmarmorscheiben je nach gewünschter Struktur.

Das Anklopfen der angelegten Stuckmarmorscheiben und die Grobglättung der Gesamtmasse wird mit der 8 mm starken Messingkelle (hier Edelstahlkelle) ausgeführt (Kellenformnachbau nach Joseph Anton Feuchtmayer aus dem Feuchtmayermuseum in Mimmenhausen/Bodenseeregion).

Die Grobglättung der Oberfläche (nicht die Gesamtmasse zerquetschen).

Die Trockengipsaufstreuung bewirkt einen beschleunigten Feuchtigkeitsentzug und damit eine beabsichtigte Versteifung des Stuckmarmors, um die Fläche anschließend dann mit dem Rakler abschälen zu können.

Das Abschälen/Abrakeln der verschleierten Strukturen erfolgt mit dem Rakler und zwar mit der gezahnten Seite.

Im 45°-Winkel, praktisch schräg zur Wand (nicht lotrecht), wird die Stuckmarmorfläche so weit abgeschält/abgetragen, bis glasklare Strukturen zu Tage treten.

Mit der glatten Seite des Raklers, in der Art einer Schneideschiene, erfolgt das Begradigen der Gesamtfläche.

Die Ebenheit der Fläche wird mit der Trapezkartätsche überprüft.

Begradigen der Gesamtfläche mit dem Surformhobel.

Mit dem Surformhobel wird der jetzt schon relativ erhärtete Stuckmarmor abgeraspelt und die Fläche begradigt.

Die ersten Grobschliffe werden mit künstlichen Bimssteinen unterschiedlicher Körnung und natürlich im Nassschleifverfahren ausgeführt.

Fortgeschrittener Spachtelgang mit dem oberflächenschonenden Plastikspachtel (früher selbstgefertigtes Lindenholzstück) um Löcher und Poren zu schließen.

Auch ein zusätzliches Einmassieren des Spachtels mit dem Pinsel ist möglich (Löcher- und Porenfüllung).

Mehrmaliges Auftragen einer dünnen Masse aus fein gesiebten Gips und 60 °C heißem Leimwasser in entsprechender abgeschwächter Konzentration (Schließen bzw. Verdichten der Poren/Mikroporen).

Den Schleier der heiß aufgetragenen Stuckmasse mit dem Naturschwamm abwischen.

Letzter Poliergang mit dem sogenannten Blutstein (Hämatit/Roteisenerz).

Nach volliger Durchtrocknung des Stuckmarmors wird mit einem weichen Pinsel Mohnöl aufgetragen.

Nach zwei Stunden wischt man das überschüssige Öl ab und poliert die Fläche mit einem weichen Baumwolllappen auf Hochglanz.

Die fertige Stuckmarmorplatte in Hochglanzoptik.

Der Originalmarmor “Siena Gelb” aus dem Vorlagenbuch. 

Die fertige Stuckmarmorplatte entstand in Anlehnung an den Originalmarmor “Siena Gelb”.

Stuckmarmor mit Carrarasplitteinlage.

Buch-, Film- und DVD-Tips zum Thema

 “Putz und Stuck” Herstellen – Restaurieren (Das ultimative Werk – Praxis hautnah und nachvollziehbar)              Peter Vierl

 “Der Letzte seines Standes” Der Stukkateur  Benedikt Kuby (DVD)    

Österreichisches Bundesinstitut für den wissenschaftlichen Film (Wien): “Restaurierung von Stuckmarmor”          Karl Neubarth

“Die Restaurierung der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen” (Arbeitshefte 49/1 und 49/2 – Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Herausgeber:Generalkon-servator Prof. Dr. Michael Petzet)

“Stuck des 17. und 18. Jahrhunderts: Geschichte – Technik – Erhaltung” (Icomos – Hefte des deutschen Nationalkomitees L; Herausgeber: Leitender Restaurator des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege Jürgen Pursche)

“Die Wies – Geschichte und Restaurierung”(Arbeitsheft 55 – Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Herausgeber: Generalkonservator Prof. Dr. Michael Petzet)

“Stuck – Die Entwicklung plastischer Dekoration” Geoffrey Beard

“Putz, Stuck, Rabitz”        Karl Lade / Adolf Winkler

“Putz, Stuck, Trockenbau”    Siegfried Leixner / Adolf Raddatz

“Das 1 x 1 der Spachteltechniken”   Von Kalk bis Kunstharz: Trends mit Tradition                   Martin Benad

“Stuckmarmor - Grundlagen für die Herstellung und Anwendung”            Architekt Hermann Cramer

“Neue Oberflächen durch alte Malertechniken”        Karl Apel     



                                          Nachwort zum Thema

Die Literatur zum Thema Stuckmarmor ist sehr dünn gesät. Zu Studienzwecken empfehlen sich um das Thema herum einige Fachbücher. Verlagsfrische Bücher sind rar, das Internet macht es aber möglich, über deutschlandweite Bibliotheken zu entleihen oder im Antiquariat per „Mausklick“ gebraucht zu kaufen. Natürlich ist ein Trip durch Süddeutschlands Kirchen und Residenzen sowie durch die angrenzende Schweiz und Österreich sehr zu empfehlen. Wer sich ernsthaft mit der Thematik „Stuckmarmor und seine Herstellung“ auseinandersetzen will, dem bleiben Vorabrecherchen einfach nicht erspart, um sich analytisch an die Sache heranzutasten. Auch wird hier im Vorfeld schon darauf hingewiesen, dass man einen langen Atem braucht, wenn man sich auf diese Technik, das Herstellen von Stuckmarmor, einlässt. Am Anfang steht ein ganz krasses Missverhältnis zwischen Arbeitsaufwand und Resultat, der Gute-Laune-Pegel sinkt, die anfängliche Euphorie ist nach einigen Wochen auf dem Nullpunkt. Man fragt sich, warum man sich das antut, und gerade an dieser Stelle ist es wichtig, sich zu sammeln und einfach weiterzumachen, irgendwann kommen die Teilerfolge. Eine große Besessenheit und wahrscheinlich auch eine gewisse Verrücktheit muss man sowieso mitbringen, um dem großen Aufwand für das Erlernen dieser Technik etwas entgegenzustellen; geht es doch in der heutigen Zeit nur noch darum, mit dem geringsten Aufwand den größtmöglichen Nutzen bzw. Gewinn/Profit zu erzielen. „Zeit ist Geld“, heißt es im Turbokapitalismus, das passt so ganz und gar nicht zu einem Stuckmarmoristen des 21. Jahrhunderts, doch in jeder Zeit haben sich Menschen gefunden, die jenseits des Mainstreams ihren Weg gegangen sind, und das erfolgreich. Die Betätigungsfelder der heutigen Stuckmarmoristen beschränken sich fast ausschließlich auf die Denkmalpflege (Restaurierungsarbeiten), was leider auch bedeutet, dass Neuanfertigungen von größeren Flächen eher die Ausnahme sind, aber trotzdem sollte bzw. darf diese anspruchsvolle Technik nicht in Vergessenheit geraten.

Marmor und sein Imitat

Marmor ist ein durch Metamorphose unter erhöhten Druck- und Temperaturbedingungen gebildetes fein- bis grobkristallines Karbonatgestein, das sich durch Sammelkristallisation aus sedimentären Kalksteinen oder Dolomitgesteinen gebildet hat. Der eigentlich weiße Marmor kann durch Hämatit rot, durch Eisenhydroxide, Geothit oder Limonit gelb/braun, durch Graphit oder Bitumen grau/schwarz, durch Feldspat, Dolomit oder Calcit weiß, durch Manganoxid violett, durch Serpentin oder Chlorid grün und durch Dumortierit oder Sodalith blau gefärbt werden. Die Natur hat über lange Zeiträume Prozesse in Gang gesetzt, die bei der Herstellung von künstlichem Marmor teilweise schwer zu imitieren sind, daher ist eine sklavische Nachahmung des natürlichen Vorbildes mit Stuckmarmor nur bedingt möglich. Nur zu einem gewissen Prozentsatz weist die Herstellung von Stuckmarmor im Entstehungsprozess einige Ähnlichkeiten mit dem echten Marmor auf.
Stuckmarmor wird aus Alabastergips, Knochenleim, Wasser und diversen Pigmenten hergestellt. Diese vier Komponenten werden miteinander gemischt, dann wird geknetet, gerollt, geschichtet, die einzelnen Batzen werden wieder auseinandergerissen, unterschiedlich große Kügelchen in gefärbtem Gipsstaub gerollt, Adermasse wird zwischendurch eingespritzt, endlich wird alles wieder zusammengelegt zu einem großen Batzen. Von diesem werden dann die einzelnen Stuckscheiben abgeschnitten und an das jeweilige Objekt angetragen.
Nun ja, wenn es so einfach wäre – aber im Groben ist es schon die grundlegende Vorgehensweise.
Von der Antike bis in unsere Zeit ging immer eine Faszination von dem Stein aus, den man mit dem Oberbegriff „Marmor“ bezeichnet. Schon Augustus im alten Rom rühmte sich damit, eine Stadt aus Ziegeln vorgefunden und dieselbe in Marmor hinterlassen zu haben. In Rom Studien zu treiben zur Verinnerlichung der vielfältigen Strukturen und Farbigkeiten des Naturmarmors ist daher sehr empfehlenswert, wenn nicht sogar Pflicht für denjenigen, der sich ernsthaft mit der Thematik „Stuckmarmor und seine Herstellung“ befassen will. Bücherempfehlungen zum Thema Naturstein sind z. B. „Marmor“ von Jaques Dubarry de Lassale, „Calciumcarbonat“ von Wolfgang Tegethoff und „Microfacies of Carbonate Rocks“ von Erik Flügel (englischsprachig). Eine weitere Option wäre die weltgrößte Natursteinmesse in Nürnberg „Stone+tec“, die alle zwei Jahre stattfindet. Ob gebändert, fein marmoriert, getigert, als Verwerfung, Brekzie oder Konglomerat – eine Verinnerlichung des Materials „Marmor“ ist auf jeden Fall nötig, um ein Verständnis für den Stein „an sich“ zu bekommen; man muss den Stein sozusagen „in sich hineinlassen“.
 

©Bilder, Musterplatten, Musterwände, Text, Layout: Steffen Mende